Der Stern von Bagdad

Nazik al-Malai'ka – Eine irakische Dichterin und Revolutionärin (ca. 60 Minuten)

Das verbotene Dreieck der arabischen Literatur: Religion, Sex und Politik. Die Tötung des freien Wortes. Der Mord an der afghanischen Dichterin Nadya Andjoman durch ihren Ehemann.

Es handelt sich um das Portrait der berühmten irakischen Dichterin Nazik al-Mala'ika, die am 20. Juni 2007 in Kairo verstorben ist. Ihr Name steht für die Erneuerung der Poesie bzw. für die Entstehung der modernen arabischen Lyrik. Die Performance behandelt außerdem die Stellung der schreibenden Frau in der arabischen Welt.

Der Bogen des Stückes spannt sich vom Portrait Nazik al-Mala'ika bis zum Portrait der jungen 25jährigen afghanischen Dichterin, Nadya Andjoman, die eines gewaltsamen Todes durch ihren Ehemann im November 2005 starb, sie wurde von ihm zu Tode geprügelt.

Was in dieser Performance zur Sprache kommt, ist subtil, brisant und hoch politisch. Es soll kein geringerer Versuch unternommen werden, als den Zusammenhang zwischen Sprache und Gesellschaftsentwicklung herzustellen. Sprache, die sich nicht entwickeln darf, weil sie unantastbar und heilig ist, wird unbrauchbar. Sie ist nicht anzuwenden, um den Gefühlen, den Gedanken und Belangen der jeweils aktuellen Zeit Ausdruck zu verleihen. Die arabische Sprache stagnierte, bis die Moderne am Anfang des 19. Jahrhunderts die arabische Welt erreichte.
Das beklagen die arabischen SchriftstellerInnen der Moderne. Sie müssen schweigen, vielfach emigrieren und sogar fliehen (z.B. Salema Salih, Rafik Schami, Taslima Nasreen, Salman Rushdie uvm.) Sie können sich in der arabischen Sprache nicht zeitgemäß ausdrücken und das verbotene Dreieck der arabischen Literatur – Religion, Sex und Politik – ist nur aus der Ferne und in einer fremden Sprache zu betreten.
Zudem befindet sich die schreibende Frau in der arabischen Welt in einer besonders extremen und mehrfachen Situation von Ausgrenzung und Diskriminierung: Frau sein und Dichterin sein. Im Stück entwickelt sich ein fiktives Gespräch zwischen der toten Dichterin Nazik al-Mala’ika und (noch lebenden) DichterInnen.

In einem Zwiegespräch mit der jungen afghanischen Dichterin Nadya Andjoman – die von ihrem Ehemann zu Tode geprügelt wurde - findet die Handlung ihren Höhepunkt: Die Tötung des freien Wortes als Ausdruck individueller Gefühle und eigenständiger, manchmal unangepasster Gedanken.

„Die Imitation ist immer Ausdruck der Sklaverei. Und da die arabischen Dichter bis heute nichts anderes taten, als die alten Meister zu imitieren, betrachte ich sie allesamt als Sklaven der Vergangenheit. Ich glaube es ist Zeit, Schluss mit einer Poesie zu machen, die einer so alten und erschöpften Tradition verhaftet ist.”Nazik al-Mala’ika 1949

Kommentare & Artikel

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... Keine dramatische Darstellung im üblichen Sinne, vielmehr ist dieses „Lebenstheater” ein authentisches szenisches Zeugnis dessen, was uns zum Menschen macht: die Empathie, die Möglichkeit hinzuhören auf das, was die Sprache in einem Wort sagt: Du! Man geht mit gestärktem Vertrauen zu diesem Wort aus dem Theaterhaus. Das ist das schönste Kunststück der Kunst.”
von Ute Hallaschka in Anthroposophie im Dialog 04|08 info3

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